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Vollkaskoschutz bei Reifenplatzen durch Fremdkörper

Das Landgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 20. August 2013 entschieden (Az.: 9 O 95/12), dass ein Vollkaskoversicherer zur Leistung verpflichtet ist, wenn ein Reifen wegen einer auf der Fahrbahn liegenden Schraube platzt und dadurch das versicherte Fahrzeug beschädigt wird.
Im Januar 2002 war der Kläger mit seinem Personenkraftwagen auf einer Autobahn unterwegs, als plötzlich der hintere rechte Reifen platzte. Zwar konnte er sein Fahrzeug zum Stehen bringen, jedoch verursachte der geplatzte Reifen der Karosserie des Autos Schäden in Höhe von über 6.000,- €. Diesen Schaden machte der Kläger gegenüber seinem Vollkaskoversicherer geltend, da ein Sachverständiger festgestellt hatte, dass der Reifen wegen eines größeren, in ihn eingefahrenen Fremdkörpers (Schraube oder Bolzen), geplatzt war.

Daher war der Kläger der Meinung, dass es sich um einen im Rahmen einer Vollkaskoversicherung versicherten Unfall gehandelt hatte. Denn wenn sich ein Fremdkörper in die Lauffläche eines Reifens bohre, sei dieses ein von außen auf das Fahrzeug einwirkendes, plötzlich und unerwartetes Ereignis.

Dagegen behauptete der Versicherer, dass es sich um einen typischen Betriebsschaden handele, der nicht Gegenstand einer Vollkaskoversicherung sei. Er lehnte es daher ab, den Schaden zu regulieren.

Der Streit landete vor dem Karlsruher Landgericht, wo der Versicherer eine Niederlage erlitt.

Nach Auffassung der Richter handelt es sich bei einem durch einen von außen eingedrungenen Fremdkörper verursachten Reifenplatzer um einen Unfall und nicht um einen Schaden wegen eines Betriebsvorgangs.

Bei der Auslegung Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen (AVB) kommt es darauf an, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs die Klausel verstehen muss.

Aus der Tatsache, dass bedingungsgemäß zum Beispiel Schäden durch Brems- oder Betriebsvorgänge nicht versichert sind, ergibt sich aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherten, dass kein Versicherungsschutz aufgrund von Fehlern des Versicherungsnehmers sowie für Schäden aufgrund von Abnutzung und Verschleiß besteht. Im Umkehrschluss ergibt sich aus dieser Auslegung zugleich, dass im Grundsatz solche Schäden versichert sein müssen, bei denen die Unfalldefinition zutrifft und zudem weder Abnutzung noch ein Bedienungsfehler als Ursache in Betracht kommt.

Dagegen spricht auch nicht, dass der eigentliche Schaden, d.h. das Platzen des Reifens mit der Beschädigung der Karosserie, im Fall des Klägers erst nach dem allmählichen Einarbeiten des Fremdkörpers in den Reifen eingetreten ist.

Deswegen hat der Versicherer den Fahrzeugschaden unter Abzug der Selbstbeteiligung zu bezahlen. 

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