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Wann ein Regenrohr für Fußgänger gefährlich ist

Ein Hauseigentümer ist unabhängig von der allgemeinen Räum- und Streupflicht dazu verpflichtet, bei winterlichen Temperaturen Vorkehrungen gegen das Ausrutschen von Fußgängern auf dem öffentlichen Gehweg vor seinem Haus zu treffen, wenn er eine besondere Gefahrenlage durch die Ableitung seiner Dachentwässerung auf den Gehweg geschaffen hat. Das hat das Oberlandesgericht Naumburg entschieden (Az.: 2 U 25/13).

Eine Frau war an einem Dezembertag kurz nach sechs Uhr als Fußgängerin auf einem Bürgersteig unterwegs, als sie vor einem Haus auf einer unter Schnee verborgenen Eisfläche ausrutschte. Wegen der Folgen ihrer bei dem Sturz erlittenen Verletzungen verklagte sie den Hausbesitzer auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Der war sich jedoch keiner Schuld bewusst. Er trug vor Gericht vor, den Bürgersteig am Abend vor dem Zwischenfall mit Rollsplitt gestreut zu haben, sodass er seiner allgemeinen Räum- und Streupflicht genügt habe. Die Klägerin habe nicht erwarten dürfen, dass zu der frühen Uhrzeit, zu der sie verunglückt war, der von ihr benutzte Gehweg erneut vollständig gestreut beziehungsweise von über Nacht gefallenem Schnee geräumt war. Sie habe sich ihre Verletzungen daher selbst zuzuschreiben.

Besondere Gefahrenlage

Doch dem wollten sich die Richter des Naumburger Oberlandesgerichts nicht anschließen. Sie gaben der Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage statt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme führte das Ableitungsrohr der Dachentwässerung des Gebäudes des beklagten Hauseigentümers direkt auf den Bürgersteig. Das hatte zur Folge, dass sich in diesem Bereich bei Frost einzelne Glättestellen bildeten, die nach Schneefall nicht wahrnehmbar waren und die der Klägerin zum Verhängnis wurden.

Dadurch hat der Gebäudebesitzer nach Ansicht des Gerichts eine besondere Gefahrenlage geschaffen, die er entweder hätte beseitigen oder zumindest durch Warnhinweise beziehungsweise eine zusätzliche Beleuchtung auf sie hinweisen müssen.

Allgemeine Rechtspflicht

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, den Bürgersteig am Vorabend vor dem Unfall mit abstumpfenden Mitteln gestreut zu haben. Nach Meinung der Richter hätte er nämlich erkennen können und müssen, dass das Streuen bei einem über Nacht einsetzenden Regen oder Schneefall nicht ausreichen wird, um die besondere, durch das Regenrohr geschaffene Gefahrenlage zu beseitigen.

„Denn jedermann, der in seinem Verantwortungsbereich eine zusätzliche Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, hat die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und für ihn zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern“, so das Gericht. Das gilt nach Ansicht des Gerichts auch dann, wenn die Art der Dachentwässerung in dem Stadtviertel üblich ist.

Fußgänger müssen Gefahrenstellen nicht suchen

Auch den Vorwurf des Beklagten, dass sich die Klägerin ihre Verletzungen selbst zuzuschreiben hat, weil sie nicht ausreichend aufgepasst hat, ließen die Richter nicht gelten. Die Verletzte war nämlich nicht dazu verpflichtet, das Umfeld des Gehweges nach potenziellen Gefahrenquellen abzusuchen, wie sie durch das Regenrohr geschaffen wurden. Eine derartige Forderung würde das Maß der verkehrsüblichen Sorgfalt eines Fußgängers auf einem öffentlichen innerstädtischen Gehweg übersteigen. Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.

Wie das Gerichtsurteil zeigt, sollten Immobilienbesitzer grundsätzlich eine Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht-Police oder Eigentümer eines selbst genutzten Einfamilienhauses eine private Haftpflichtversicherung haben. Denn diese übernimmt berechtigte Schadenersatz-Forderungen Dritter, wenn tatsächlich die Streupflicht verletzt wurde. Zudem wehrt sie aber auch ungerechtfertigte Ansprüche ab.



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