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Was sich beim Midijob geändert hat

Seit Anfang Juli 2019 hat sich die Gehaltsgrenze, bis zu der ein Arbeitnehmer als Midijobber gilt, erhöht. Was es dabei zu beachten gibt und welche Vorteile die neue Regelung für Arbeitnehmer bringt.

(verpd) Zum 1. Juli 2019 wurde die monatliche Einkommensgrenze, bis zu der ein Arbeitnehmer als Midijobber gilt, von 850 Euro auf 1.300 Euro angehoben. Dies wirkt sich positiv auf die Sozialabgaben aus, die der Arbeitnehmer von seinem Gehalt entrichten muss. Gleichzeitig wurden die gesetzlichen Rentenansprüche, die man als Midijobber erwirbt, angehoben.

Um Geringverdiener zu entlasten, wurde nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) die Gleitzone erhöht. Die Gleitzone, auch Übergangsbereich genannt, ist der Einkommensbereich, bei dem abhängig Beschäftigte zwar sozialversicherungs-pflichtig sind, aber dafür weniger Sozialabgaben zahlen als ein normaler Arbeitnehmer.

3,5 Millionen Beschäftigte

Bisher mussten Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von über 450 Euro bis unter 850 Euro zwar mehr Sozialbeiträge bezahlen als ein 450-Euro-Minijobber, aber weniger als ein abhängig Beschäftigter mit einem monatlichen Einkommen ab 850 Euro. Seit dem 1. Juli 2019 ist dieser Übergangsbereich erhöht worden, nämlich von über 450 Euro bis unter 1.300 Euro.

Zusätzlich wurden die gesetzlichen Rentenansprüche, die man durch einen Midijob erwirbt, verbessert. Nach Angaben des BMAS waren in der bisherigen Gleitzone rund 1,3 Millionen Arbeitnehmer beschäftigt. Im neuen Übergangsbereich werden es nach Schätzungen etwa 3,5 Millionen Beschäftigte sein.

Midijobber sind, wie normale Arbeitnehmer, in der gesetzlichen Renten- (GRV), Arbeitslosen- (ALV), Kranken- (GKV) und Pflegeversicherung (SPV) pflichtversichert. Der Arbeitgeber hat für einen Midijobber die gleichen Sozialabgaben zu zahlen wie für einen Arbeitnehmer, der ein Monatseinkommen ab 1.300 Euro hat. Für den Arbeitgeber berechnen sich die von ihm abzuführenden Sozialabgaben also nach dem tatsächlichen Arbeitseinkommen.

Sozialversicherungs-Abgaben

Wie hoch die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberabgaben für die GRV, ALV, GKV und SPV sind, hängt von verschiedenen Kriterien ab: vom Beitragssatz der jeweiligen Sozialversicherung, dem Bruttoarbeitseinkommen und der jeweiligen Beitragsbemessungs-Grenze (BBMG). Bei hohen Einkommen werden die Sozialabgaben maximal aus diesen BBMG berechnet.

In der Regel zahlen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bis auf wenige Ausnahmen jeweils die Hälfte des jeweiligen Beitragssatzes der Sozialversicherungen. Im Schnitt zahlt ein Arbeitnehmer mit einem Kind und einem Gehalt über der Gleitzone und unter der BBMG 19,825 Prozent seines Bruttoeinkommens an Sozialabgaben.

Das setzt sich wie folgt zusammen: 9,3 Prozent für die GRV, 1,25 Prozent für die ALV, 7,3 Prozent zuzüglich der Hälfte des jeweiligen Krankenkassen-Zusatzbeitragssatzes – im Durchschnitt sind das etwa 0,45 Prozent – für die GKV und 1,525 Prozent für die SPV.

Alle kinderlosen Arbeitnehmer ab 23 Jahren haben in der SPV zudem einen Zuschlag von 0,25 Prozent zu entrichten – dies gilt nicht für die Arbeitgeber. In Sachsen haben GKV-Versicherte mit Kindern 2,025 Prozent und GKV-Versicherte ohne Kinder 2,275 Prozent zu tragen, da hier die Arbeitgeber aufgrund einer Sonderregelung für die SPV nicht 1,525, sondern 1,025 Prozent zahlen.

Geänderte Gleitzonenregelung

Anders beim Midijobber selbst: Er muss weniger bezahlen als ein Arbeitnehmer, der über dieser Gleitzone liegt. Bei der Ermittlung der Sozialabgaben, die der Arbeitnehmer zu entrichten hat, wird im Rahmen der Gleitzonenregelung ein niedrigeres Einkommen, das sogenannte beitragspflichtige Einkommen, zugrunde gelegt.

Die Berechnung des beitragspflichtigen Einkommens für die Ermittlung der Arbeitnehmer-Sozialabgaben erfolgt nach einer komplizierten Formel, die im Webportal der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu finden ist. Vereinfacht lässt sich das beitragspflichtige Einkommen wie folgt berechnen: 340,47 + ((1,12885882 x (tatsächliches Arbeitseinkommen-450)).

Der Arbeitnehmeranteil an den Sozialabgaben ermittelt sich aus den gesamten Sozialabgaben (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) des beitragspflichtigen Monatseinkommens abzüglich des Arbeitgeberanteils aus dem tatsächlichen Arbeitseinkommen. Wer schnell wissen will, wie hoch die jeweiligen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Sozialabgaben je nach Einkommenshöhe sind, kann dies mit Hilfe eines kostenlos abrufbaren Onlinetools der DRV, dem sogenannten Gleitzonenrechner, berechnen.

Beispielrechnung

Bei einem Monatseinkommen eines Arbeitnehmers mit Kind von 1.000 Euro muss der Arbeitgeber die Sozialabgaben für 1.000 Euro bezahlen. Das sind im Einzelnen bei einem GKV-Beitragssatz von angenommen 15,6 Prozent: GRV (9,3 Prozent) 93,00 Euro, ALV (1,25 Prozent) 12,50 Euro, GKV (7,8 Prozent) 78,00 Euro und SPV (1,525 Prozent) 15,25 Euro.

Bei der Ermittlung der Sozialabgaben, die der Arbeitnehmer zu zahlen hat, wird zuerst ermittelt, welche Sozialabgaben insgesamt (also Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen) für das verminderte Arbeitseinkommen nach der Gleitzone zu zahlen hätten. Das beitragspflichtige Einkommen nach der Gleitzonenregel wären bei 1.000 Euro Verdienst 961,34 Euro. Die Sozialabgaben für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen für dieses beitragspflichtige Einkommen betragen für die GRV 178,81 Euro, für die ALV 24,03 Euro, für die GKV 149,97 Euro und für die SPV 29,32 Euro.

Von diesen Sozialabgaben werden nun die tatsächlich vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialabgaben abgezogen, um die tatsächlich vom AN zu zahlenden Sozialabgaben zu ermitteln: GRV 178,81 Euro - 93,00 Euro = 85,81 Euro, ALV 24,03 Euro - 12,50 Euro = 11,53 Euro, GKV 149,97 Euro - 78,00 Euro = 71,97 Euro und SPV 29,32 Euro - 15,25 Euro = 14,07 Euro.

Insgesamt müsste der Arbeitnehmer im genannten Beispiel ohne diese Gleitzonenregelung 198,75 Euro Sozialabgaben von seinem Einkommen bezahlen. Dies entspricht auch dem tatsächlichen Sozialabgabenbetrag, den der Arbeitgeber zu zahlen hat. Durch die Gleitzonenregelung muss der Arbeitnehmer jedoch nur 183,38 Euro an Sozialabgaben von seinem Bruttomonatsgehalt von 1.000 Euro entrichten und spart sich daher monatlich 15,37 Euro.

Niedrigere Rentenbeiträge – volle Rentenansprüche

Die Erweiterung der Gleitzone hat auch für die bisherigen Midijobber mit einem Einkommen von über 450 und unter 850 Euro einen Vorteil. Da sich durch die geänderte Berechnungsformel ihr beitragspflichtiges Einkommen und damit auch ihre Sozialabgaben im Vergleich zu früher gesenkt haben, haben auch sie seit Juli 2019 weniger Sozialabgabenabzüge.

Das Krankengeld eines Midijobbers berechnet sich trotz der niedrigeren Sozialabgaben in der GKV, wie bisher auch schon, vom tatsächlichen Einkommen. Auch sonst stehen einem Midijobber aus den Sozialversicherungen die gleichen Leistungen zu wie einem normalen Arbeitnehmer.

Laut BMAS gibt es seit der Erweiterung der Gleitzone zum 1. Juli 2019 noch eine Neuerung für alle bisherigen und neuen Midijobber. Obwohl sie weniger Beiträge für die GRV entrichten müssen als ein normaler Arbeitnehmer, werden die Rentenansprüche beziehungsweise Entgeltpunkte so gerechnet, als wenn sie für das tatsächliche Arbeitseinkommen den vollen GRV-Arbeitnehmerbeitrag bezahlen würden. Eine freiwillige Aufstockung des GRV-Beitrages, um den vollen Rentenanspruch zu erhalten, ist im Gegensatz zu vor Juli 2019 nicht mehr notwendig.

Möglicher finanzieller Vorteil für den Arbeitgeber

Für einen Arbeitgeber kann es bei den Sozialabgaben für die GRV, ALV, GKV und SPV günstiger sein, einen Midijobber mit einem geringen Gehalt über 450 Euro einzustellen, als einen gewerblichen 450-Euro-Minijobber.

Während der Arbeitgeber für den Midijobber in der Regel 19,825 Prozent für die genannten Sozialversicherungen zahlt, sind es beim 450-Euro-Minijobber 28 Prozent, nämlich 13 Prozent für die GKV und 15 Prozent für die GRV. Mehr Details über die Abgaben, die ein Arbeitgeber für einen Minijobber zu entrichten hat, enthält der Webauftritt der Minijobzentrale.

Die Gleitzonen-Regelung ist nicht anzuwenden für Auszubildende, Praktikanten und andere Personen, deren Arbeitsentgelt durch besondere Umstände unter 1.300 Euro liegt. Eine Auflistung, welche Personengruppen das sind, enthält der DRV-Webauftritt. Wer neben dem Midijob einen weiteren sozialversicherungs-pflichtigen Job ausübt und mit beiden Einkommen zusammen mindestens 1.300 Euro oder mehr im Monat erreicht, für den gilt die Gleitzonenregelung nicht mehr.

Besonders niedrige Altersrenten für Geringverdiener

Prinzipiell ist die zu erwartende gesetzliche Altersrente eines Arbeitnehmers, dessen Einkommen dauerhaft in der Gleitzeitzone liegt, niedrig. Wer beispielsweise 45 Jahre lang ein Monatseinkommen von 1.300 Euro hatte, erhält im Schnitt eine gesetzliche Altersrente, die weit unter 700 Euro liegt.

Daher ist es auch für Geringverdiener besonders wichtig, sich frühzeitig um die finanzielle Absicherung im Alter zu kümmern. Wer sichergehen möchte, dass die gesetzliche und eventuell bereits vorhandene sonstige Altersvorsorge ausreicht, um auch im Rentenalter seinen bisherigen Lebensstandard halten zu können, sollte sich von einem Versicherungsfachmann beraten lassen.

Dieser kann entsprechende Berechnungen erstellen und bei voraussichtlichen Einkommenslücken im Rentenalter bedarfsgerechte Altersvorsorgelösungen vorschlagen. Unter anderem erhalten zum Beispiel Geringverdiener hohe Geldzulagen für eine zusätzliche private Altersvorsorge in Form einer Riester-Rente im Vergleich zur Prämie, die sie dafür entrichten müssen.



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