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Wenn der Motorradfahrer ohne Schutzkleidung unterwegs ist

Ob einem Motorradfahrer, der bei einem Verkehrsunfall verletzt wird, ein Mitverschulden angerechnet werden kann, weil er zwar einen Helm, aber sonst keine Schutzkleidung zum Unfallzeitpunkt trug, wurde in einem Gerichtsfall entschieden.

(verpd) Allein die Tatsache, dass durch das Tragen von Schutzkleidung mögliche Verletzungen eines Motorradfahrers vermieden oder zumindest gemindert werden können, führt nicht prinzipiell zu einem Mitverschulden eines verunglückten Bikers. Das hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden (Az.: 2-01 S 118/17).

Der Entscheidung lag die Klage eines Motorradfahrers zugrunde, der durch das Verschulden eines anderen Verkehrsteilnehmers einen Verkehrsunfall erlitten hatte. Bei dem Unfall zog sich der Biker erhebliche Beinverletzungen zu und verklagte dementsprechend den Unfallverursacher auf Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Der Kfz-Versicherer des Unfallverursachers räumte zwar die alleinige Haftung seines Versicherungsnehmers ein, wollte jedoch die Schmerzensgeldansprüche des Klägers erheblich kürzen. Das begründete der Kfz-Versicherer damit, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt lediglich eine Armeestoffhose, nicht aber eine seine Beine schützende Hose getragen hat. Er sei daher selbst für die Schwere seiner Verletzung verantwortlich.

Eine Frage des allgemeinen Verkehrsbewusstseins

Die Verweigerung des Versicherers hielten jedoch weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Frankfurter Amtsgericht noch das Landgericht (LG) der Stadt am Main für rechtens. Beide Gerichte gaben der Klage des Verletzten auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 2.000 Euro statt. Nach Ansicht der Richter richtet sich die Sorgfaltspflicht von Verkehrsteilnehmern nicht allein nach geschriebenen Normen wie etwa der Helmpflicht.

Maßstab sei vielmehr, „ob ein Verletzter diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt“. Das wiederum richte sich nach dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein des betroffenen Personenkreises.

Ein solches Bewusstsein könne nicht aus dem Erkenntnisstand, dass und wie Schutzkleidung die Sicherheit verbessert, oder der Empfehlung von Verbänden hergeleitet werden.

Kein generelles Mitverschulden

Denn das würde darauf hinauslaufen, dass ein Mitverschulden generell dann bejaht werden muss, wenn ein Geschädigter nicht objektiv sinnvolle und allgemein zugängliche Schutzmöglichkeiten gewählt hat. Das aber würde bedeuten, dass es im Falle eines Unfalls immer und ausnahmslos ein Mitverschulden begründen würde, trüge man keinen Helm beim Radfahren oder keine Oberkörperprotektoren beim Skifahren.

Davon könne aber auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ausgegangen werden. In der entschiedenen Sache ging es um die Klage eines Harley-Davidson-Fahrers. Diese Fahrer aber würden nach Ansicht der Richter im Vergleich zu den Fahrern anderer großmotoriger Krafträder typischerweise weniger schnell fahren. Die Motorräder würden in der Regel vielmehr zum „Cruisen“, das heißt zu einem moderaten Fahrstil genutzt.

Es könne folglich beim Fahren einer Harley Davidson nicht davon ausgegangen werden, dass das allgemeine Verkehrsbewusstsein dazu vorhanden ist, dass, um Verletzungen zu vermeiden, Schutzkleidung getragen werden muss. Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision gegen seine Entscheidung zuzulassen.

Uneinheitliche Rechtsprechung

Laut LG Frankfurt gilt demnach: „Ein allgemeines Verkehrsbewusstsein zum Tragen von Motorradschutzkleidung an den Beinen kann nicht schon aus einem reduzierten Verletzungsrisiko hergeleitet werden. Kann ein dahingehendes Verkehrsbewusstsein den tatsächlichen Umständen und Gepflogenheiten der betroffenen Verkehrsteilnehmer nicht entnommen werden (hier: Fahrer einer Harley Davidson), ist ein Mitverschulden des geschädigten Motorradfahrers nicht feststellbar.“

Wie das Urteil zeigt, kommt es maßgeblich auf die einzelnen Umstände an. Dies zeigt auch ein Gerichtsurteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Az.: 12 U 29/09) in einem ähnlichen Fall. Hier wurde nämlich einem am Unfall eigentlich unschuldigen Biker ein Mitverschulden an seinen Verletzungen aufgrund einer fehlenden Schutzhose angerechnet.

Grundsätzlich empfiehlt sich eine ausreichende Schutzkleidung für Biker, also nicht nur ein vorgeschriebener Helm, sondern auch eine spezielle Schutzkleidung wie Motorradjacke, -hose, -schuhe und Handschuhe nicht nur aus rechtlicher Sicht, sondern auch zum besseren Eigenschutz.



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