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Wenn ein Arbeitsloser im Urlaub arbeitsunfähig wird

Ob die Arbeitsagentur das Arbeitslosengeld streichen darf, wenn ein Arbeitssuchender während eines genehmigten Auslandsurlaubs erkrankt, hatte ein Gericht zu klären.

(verpd) Arbeitsunfähige Arbeitslose müssen nicht wie Gesunde erreichbar sein und sich auch nicht im Nahbereich der Agentur für Arbeit aufhalten, um einen Anspruch auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld zu haben. Das hat das Sozialgericht Stuttgart mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: S 3 AL 3965/19).

Ein arbeitssuchender Mann hatte Ende Mai 2019 beantragt, für gut zwei Wochen Urlaub in der Türkei machen zu dürfen. Das wurde ihm von der Arbeitsagentur unter Fortzahlung des Arbeitslosengeldes I genehmigt.

Einen Tag vor der geplanten Rückkehr teilte der Mann der verantwortlichen Arbeitsagentur-Dienststelle telefonisch mit, dass er arbeitsunfähig erkrankt sei und sich deswegen länger als geplant in der Türkei aufhalten müsse. Er ließ der Arbeitsagentur gleichzeitig eine von einem örtlichen Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung zukommen.

Nach Rückkehr Widerspruch eingelegt

Die Arbeitsagentur hob daraufhin den vorangegangenen Leistungsbescheid auf. Denn der Mann stünde mit dem Tag des Endes des genehmigten Urlaubs dem hiesigen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Die Agentur stellte gleichzeitig die Zahlung des Arbeitslosengeldes ein.

Dagegen setzte sich der Arbeitslose nach seiner Rückkehr nach Deutschland zur Wehr. Seinen Widerspruch gegen die Entscheidung begründete er damit, dass sein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht untergegangen sein könne.

Denn er sei ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe das auch lückenlos nachgewiesen.

Schlechterstellung des Erkrankten

Der Widerspruch des Mannes wurde zurückgewiesen. Das Argument: Ein fortlaufender Leistungsanspruch hätte nur dann bestanden, wenn sich der Betroffene in der Türkei in stationärer Behandlung befunden und er deswegen nicht nach Deutschland hätte zurückkehren können. Zu Unrecht, urteilte das von dem Arbeitslosen angerufene Stuttgarter Sozialgericht. Es gab seiner Klage auf eine lückenlose Zahlung von Arbeitslosengeld statt.

Aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gehe nicht hervor, dass ein Leistungsanspruch spätestens mit Ablauf einer genehmigten Ortsabwesenheit erlischt, wenn während dieser Zeit eine ärztlich nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit eintritt.

Andernfalls würde nämlich derjenige, der während seiner Abwesenheit arbeitsunfähig wird, gegenüber demjenigen, der während des „normalen“ Leistungsbezugs arbeitsunfähig wird, schlechtergestellt. Und das, „obwohl in beiden Fällen fehlende Leistungsfähigkeit des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitslosen einer sofortigen Vermittelbarkeit, welche die Residenzpflicht bezweckt, ohnehin entgegensteht“, so das Gericht.

Aufenthalt in der Nähe der Arbeitsagentur nicht notwendig

Das Gesetz setze auch keine Reiseunfähigkeit oder eine stationäre Behandlung eines arbeitsunfähig erkrankten Arbeitslosen voraus. Denn arbeitsunfähige Arbeitslose müssten nicht wie Gesunde erreichbar sein. Sie müssten sich folglich auch nicht im Nahbereich der Agentur für Arbeit aufhalten, um einen Anspruch auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld zu haben.

Wie der Fall zeigt, kann es durchaus sinnvoll sein, sich gerichtlich gegen die Entscheidung eines Sozialversicherungs-Trägers – im geschilderten Fall war die Arbeitsagentur, der Träger der Arbeitslosen-Versicherung – zu wehren. Zwar sind Verfahren vor einem Sozialgericht hinsichtlich der Gerichtskosten inklusive der gerichtlich eingeholten Gutachten für die in der Sozialversicherung Versicherten, für die Leistungsempfänger und für behinderte Menschen kostenlos.

Allerdings muss der Betroffene seine Rechtsanwaltskosten, sofern er den Gerichtsprozess verloren oder einem Vergleich zugestimmt hat, in der Regel selbst übernehmen. Anders ist es, wenn man eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung hat. Eine derartige Police übernimmt nämlich im Streitfall unter anderem die Anwaltskosten bei einem Sozialgerichtsstreit, wenn Aussicht auf Erfolg besteht und vorab eine Leistungszusage durch den Rechtsschutzversicherer erteilt wurde. Sie trägt aber auch bei zahlreichen anderen Auseinandersetzungen anfallende Gerichts- und Anwaltskosten.



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