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Wenn man beim Aussteigen aus einem Bus verunfallt

Wer für die Unfallfolgen haftet, wenn ein Fahrgast aus einem Linien- oder Schulbus aussteigt und dabei von einem Auto erfasst wird, hatte jüngst ein Gericht zu klären.

(verpd) Wird ein Fahrgast beim Aussteigen aus einem Bus durch ein auf der Ausstiegsseite vorbeifahrendes Fahrzeug verletzt, können je nach den spezifischen Umständen der Fahrzeugführer, der Busfahrer wie auch der Verletzte gemeinschaftlich für den Unfall verantwortlich sein. Das geht aus einem veröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm hervor (Az.: 11 U 108/17).

Eine 13-Jährige war als Fahrgast mit einem Linienbus unterwegs. Dieser blieb wegen eines Verkehrsstaus gut 200 Meter vor jener Haltestelle stecken, an der die Jugendliche sowie andere Fahrgäste aussteigen wollten. Der Bus stand bereits mehrere Minuten still und es war nicht absehbar, wann er würde weiterfahren können. Daher öffnete der Busfahrer auf Drängen von Fahrgästen, die noch rechtzeitig zu Fuß einen Anschlussbus erreichen wollten, die Türen des Busses.

Als die 13-Jährige aus der hinteren Tür des Busses ausstieg, wurde sie von einem Pkw erfasst und verletzt. Dieser fuhr auf einem Mehrzweckstreifen. Die Fahrerin des Fahrzeuges hatte zunächst hinter dem Bus gewartet. Dann hatte sie sich aber dazu entschlossen, nach rechts auf den Mehrzweckstreifen auszuweichen, um nach eigenem Bekunden dort anzuhalten und zu telefonieren. Nach dem Unfall stritten sich alle Unfallbeteiligten bezüglich der Schuld am Unfall.

Regressforderung

Die Verletzte machte den Kfz-Haftpflichtversicherer der Autofahrerin für den Unfall verantwortlich. In einem ersten Prozess wurde dieser rechtskräftig dazu verurteilt, ihren Schaden unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens zu begleichen. Die Jugendliche hätte sich nämlich vor dem Aussteigen aus dem Bus vergewissern müssen, dass sich auf dem Seitenstreifen kein anderer Verkehrsteilnehmer näherte.

Die Hälfte der von ihm gezahlten Entschädigung machte der Kfz-Versicherer des Unfallautos anschließend in Form eines Regresses gegenüber dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Busunternehmens geltend. Das begründete der Kfz-Versicherer des Unfall-Pkws unter anderem damit, dass der Busfahrer den Unfall mitverschuldet habe. Denn er hätte die Bustüren außerhalb der Haltestelle allenfalls dann öffnen dürfen, wenn er die Warnblinkanlage des Busses eingeschaltet hätte. Das habe er jedoch versäumt.

Die Fahrerin des Pkw habe folglich nicht damit rechnen müssen, dass Fahrgäste noch vor der Bushaltestelle aussteigen würden. Dieser Meinung schlossen sich die Richter des Hammer Oberlandesgerichts an. Sie wiesen den beklagten Kfz-Versicherer des Busunternehmens darauf hin, dass sie dessen Berufung gegen ein der Klage stattgebendes erstinstanzliches Urteil zurückweisen würden. Der Kfz-Versicherer, bei dem eine Kfz-Haftpflichtversicherung für den Bus bestand, nahm seine Berufung daraufhin zurück.

Mitverschulden des Busfahrers

Nach Überzeugung der Richter habe der Busfahrer angesichts der besonderen Verkehrssituation damit rechnen müssen, dass andere Verkehrsteilnehmer den rechts neben dem Bus befindlichen Seitenstreifen für sich nutzen würden. Denn der Streifen sei sowohl für landwirtschaftliche Fahrzeuge als auch für Fahrradfahrer freigegeben gewesen.

Der Seitenstreifen habe im Übrigen auch zum Halten und Parken genutzt werden dürfen. Das sei dem Fahrer bekannt gewesen. Der Busfahrer hätte daher unbedingt die Warnblinkanlage einschalten müssen, wenn er Fahrgäste noch vor der regulären Haltestelle aussteigen lassen wollte.

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass es aufgrund des abgeschlossenen Beförderungsvertrages zuvörderst dem Busunternehmen und dessen Fahrer oblegen habe, die Geschädigte beim Aussteigen aus dem Bus vor Gefahren zu schützen. Dem sei der Fahrer nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Das Urteil ist durch die Rücknahme der Berufung rechtskräftig.

Kostenschutz als Fußgänger und Fahrgast

Übrigens: In den Fällen, in denen ein Fußgänger oder Fahrgast bei einem Unfall verletzt wird und Aussicht auf Erfolg für seine Forderung nach Schmerzensgeld und Schadenersatz gegenüber dem Unfallgegner besteht, hilft eine private Rechtsschutz-Versicherung das Recht notfalls gerichtlich einzuklagen.

Denn der Rechtsschutz-Versicherer übernimmt – eine Leistungszusage des Versicherers vorausgesetzt – unter anderem die Anwalts- und sonstigen Prozesskosten für einen solchen Rechtsstreit. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der Rechtsstreit gewonnen wird, sondern auch, wenn man den Prozess verliert oder, wie im genannten Fall, einem ein Mitverschulden am Unfall angerechnet wird.

Hat man als Fußgänger oder Fahrgast durch eine eigene Fahrlässigkeit einen Unfall verursacht und wird zum Schadenersatz vom Unfallgegner aufgefordert, bietet eine Privathaftpflicht-Versicherung Kostenschutz. Denn eine solche Police zahlt zum einen die berechtigten Schadenansprüche eines Unfallgegners. Sie übernimmt aber auch die Abwehr von unberechtigten oder überhöhten Forderungen des Unfallgegners.



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