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Winterreifenpflicht und Regressmöglichkeiten des Versicherers

Das Amtsgericht Mannheim hat mit Urteil vom 22. Mai 2015 entschieden (3 C 308/14), dass sich die Verpflichtung, Winterreifen zu verwenden, nach dem konkreten Tag der Nutzung eines Fahrzeugs und den in der tatsächlichen Verkehrssituation herrschenden Witterungs- und Straßenverhältnissen richtet.

Ende Oktober war ein Mann und spätere Beklagte morgens mit seinem Pkw in der Innenstadt unterwegs, als er auf einer Brücke die Kontrolle über sein Auto verlor und frontal mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte. Dabei erlitten beide Autos Totalschaden und die Insassen des entgegenkommenden Pkws wurden verletzt.

Im Nachgang wollte der der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers ihn wegen der dem Unfallgegner gezahlten Entschädigung in Höhe von 5.000,- € in Regress nehmen, da sich der Unfall nur ereignet habe, weil der Beklagte trotz winterlicher Straßenverhältnisse mit Sommerreifen unterwegs war. Infolge des Fahrens mit Sommerreifen habe er sich einer vorsätzliche oder zumindest grob fahrlässigen Gefahrerhöhung gemäß § 23 VVG schuldig gemacht, die gemäß § 26 VVG zu einer (teilweisen) Leistungsfreiheit führe. Ferner hätten die Temperaturen in der Zeit vor dem Unfall deutlich im Minusbereich gelegen.

Das Mannheimer Amtsgericht wies die Klage trotz der Witterung als unbegründet zurück.

Grundsätzlich sei die Benutzung eines Pkws mit winteruntauglichen Reifen zwar als Nutzung eines verkehrsunsicheren Fahrzeugs anzusehen, wenn die Wetterlage die Benutzung von Winter- oder M+S-Reifen geböte. Jedoch ist eine Gefahrerhöhung nur dann gegeben, wenn der Pkw (mit Sommerreifen) bei durchgehend herrschenden winterlichen Straßenverhältnissen längerfristig bzw. für längere Fahrten benutzt wird. Hierfür trägt der Versicherer die Darlegungs- und Beweislast.

Vorliegend ergab die Beweisaufnahme, dass unstreitig bis zwei Tage vor dem Unfall Schnee gelegen hatte. Der Versicherer ist den Beweis dafür aber schuldig geblieben, dass die innerstädtischen Straßen und insbesondere die Unfallstelle am Tag des Unfalls noch durchgehend glatt waren.

Nach richterlicher Überzeugung war es am Unfalltag allenfalls bereichsweise glatt. Daher könne von durchgängig winterlichen Straßenverhältnissen, die das Aufziehen von Winterreifen zwingend erforderlich gemacht hätten, nicht die Rede sein. Wetterwarnungen für den Unfalltag, die gefahrerhöhende Umstände hätten vermuten lassen können, gab es nicht.

Deswegen wies das Gericht den Vorwurf des Versicherers, dass der Beklagte den Unfall aufgrund einer vorsätzlichen Gefahrerhöhung verursacht hatte, als unbegründet zurück, da der Gesetzgeber keinen Zeitrahmen vorgebe, in welchem Winter- bzw. M+S-Reifen auf einem Fahrzeug aufgezogen sein müssten.

Die bloße Tatsache, dass zum Unfallzeitpunkt Temperaturen im Minusbereich vorgelegen haben und zwei Tage vor dem Unfallgeschehen Schnee gefallen war, begründet noch keine winterlichen Straßenverhältnissen und damit noch keine Winterreifenpflicht, erst recht nicht die Annahme einer groben Fahrlässigkeit bei nicht erfolgtem Reifenwechsel.

Das Gericht erkannte ferner keine Leistungsfreiheit bzw. -kürzung aufgrund einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 81 VVG).

Nicht geklärt werden konnte, dass der Kläger mit seinem Pkw nicht ins Schleudern geraten wäre, wenn er mit Winterreifen gefahren wäre.

Somit war der Versicherer mit seiner Regressforderung erfolglos.



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