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Wochenrückblick 19. Januar - 23. Januar 2015

Club-Med setzt Weichwährungs-Euro durch ...von Stephan Heibel
Das Beste das ich der gestrigen EZB-Entscheidung abgewinnen kann, ist, dass Draghi nun endlich Fakten geschaffen hat und die Diskussion hoffentlich aufhören wird. Die Fakten gefallen mir nicht, das wissen Sie, aber als Europäer müssen wir die Entscheidung akzeptieren. Lassen Sie mich daher abschließend ein paar Worte dazu sagen, und ich denke, dass dieses leidige Thema damit für ein paar Jahre ad acta gelegt werden kann.

Deutschland ist Exportweltweister, weil Deutschland die komplexesten Maschinen günstiger anbieten kann als irgendjemand sonst auf der Welt. Ein wesentlicher Bestandteil der Produktivitätsfortschritte in Deutschland waren nicht nur Gewerkschaften, die für höhere Löhne und damit einen sozialen Frieden gesorgt haben. Nicht nur eine verlässliche und wirtschaftsfreundliche Politik, die deutsche Unternehmen nicht unnötig stark belastete. Sondern auch die starke D-Mark. Über Jahrzehnte haben wir gelernt, den Nachteil einer starken Währung durch Produktivitätsfortschritte aufzufangen. So blieben deutsche Maschinen international wettbewerbsfähig.

In den Club-Med Ländern, bitte verzeihen Sie mir die Pauschalisierung, aber es geht mir hier um den grundsätzlich unterschiedlichen Ansatz der verschiedenen Kulturen, in den Club-Med Ländern hat man gelernt, dass im Falle von international wettbewerbsunfähigen Produkten die Notenbank zu Hilfe kommt. Nicht die Politik musste aktiv werden, nicht das Lohnniveau musste angefasst werden. Sondern über den Wechselkurs wurde die Wettbewerbsfähigkeit wieder hergestellt. Kurzfristig. Bis dann die nächste Abwertung der Währung fällig war.

So müssen wir hier in Deutschland uns nun geschlagen geben: Unsere Vorstellung von Zusammenspiel zwischen Politik, Notenbank und Gesellschaft funktioniert in Club-Med Ländern nicht. Wir haben nun eine EZB, die mit den Grundsätzen der Bundesbank gebrochen hat und meiner Einschätzung nach aktive Wirtschaftspolitik betreibt (auch wenn sie das stets vehement abstreitet).

In den kommenden zwei bis drei Jahren wird Deutschland stark von dieser Politik profitieren. Deutschland ist weltweit (noch) wettbewerbsfähig, und unsere Exportunternehmen werden ein starkes Gewinnwachstum ausweisen. Es ist Erntezeit. Ich glaube aber nicht, dass die deutsche Wirtschaft in fünf Jahren weltweit noch so gut dastehen wird wie heute.

Finanzminister Schäuble hat es heute in einer Diskussionsrunde gesagt: Strukturreformen sollen in der Theorie immer dann durchgesetzt werden, wenn es einem gut geht. Dann kann man sie besser verkraften. Die Realität sieht jedoch anders aus: Es gab in der Geschichte niemals grundlegende Strukturreformen ohne eine Notsituation. Diese Aussage im Kontext mit der Wechselkursdiskussion würde also bedeuten: Deutschland hat dank der starken D-Mark gelernt, kontinuierlich schmerzhafte Strukturreformen umzusetzen.

Fehlt dieser kontinuierliche Druck seitens einer starken Währung, so ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Wettbewerbsfähigkeit leidet.

In meinen Augen fraglich ist die Begründung der EZB für die Liquiditätsschwemme: Deflation drohe. Die EZB ist verantwortlich für die Inflationserwartung, die langfristig betrachtet "etwa bei aber nicht über 2%" liegen soll. Heute früh wurden entsprechende Zahlen von der EZB veröffentlicht: Die langfristige Inflationserwartung (für 2019) in der Eurozone liegt bei 1,8%.

Okay, für 2015 wird eine Inflationsrate von nur 0,3% erwartet. Aber bereits 2016 soll diese wieder auf 1,1% ansteigen, 2017 auf 1,5%. Das ist der Effekt des Ölpreis- und gesamten Rohstoffmarkteinbruchs, der sich in den kurzfristigen Zahlen widerspiegelt. Der rückläufige Ölpreis hat im Vergleich zum Vorjahr zu deutlich rückläufigen Preisen in vielen Bereichen geführt, sodass wir natürlich und ungeachtet der Konjunkturentwicklung im laufenden Jahr 2015 zu deutlich niedrigeren, teilweise auch negativen Inflationszahlen kommen. Aber das ist positiv, denn diese Entwicklung ist nicht das Resultat eines Nachfrageeinbruchs sondern eines Angebotsüberschusses.

Auch ohne die Liquiditätsschwemme von Mario Draghi wird die Inflationsrate in einem Jahr wieder deutlich ansteigen, allein schon wenn der Ölpreis aufhört zu fallen. Stabilisiert sich der Ölpreis zwischen 40 und 50 USD/Fass, so wird in einem Jahr die Inflationsrate nicht mehr durch den Ölpreis in den Keller gezogen. Draghi wird eine anziehende Inflationsrate natürlich als seinen Verdienst beanspruchen, doch in meinen Augen ist die Entscheidung für QE eine kulturelle Entscheidung, bei der Deutschland verloren hat, und nicht eine Ökonomische.

So, das soll's nun gewesen sein. Lassen Sie uns die nächsten zwei bis drei Jahre am Erfolg deutscher Exportunternehmen partizipieren. Ich habe heute früh zum Kauf eines deutschen Maschinenbauers mit hohem Exportanteil geraten und werde diesen in Kapitel 04 detailliert vorstellen.

Es war klar, dass Draghi ein deutliches Signal setzen würde. Doch die nunmehr verkündeten 60 Mrd. Euro pro Monat übertreffen die kühnsten Vorstellungen selbst der Club-Med Länder, und der DAX hat seine Rallye nach dem Überwinden des Allzeithochs nochmals beschleunigt. Schauen wir uns einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an:

Wochenperformance der wichtigsten Indizes

Indizes 22.01.2015 Änderung Vorwoche
Dow Jones 17.814 2,8%
DAX 10.436 4,0%
Nikkei 17.512 3,8%
Euro/US-Dollar 1,13 -2,6%
Euro/Yen 134,05 -1,3%
10-Jahres-US-Anleihe 1,90% 0,12%
Umlaufrendite Dtl. 0,44% 0,06%
Feinunze Gold 1.296$ 3,0%
Fass Brent Öl 49,63$ 1,7%
Kupfer 5.637$ -0,5%
Baltic Dry Shipping 751 0,3%

Der DAX als Hauptprofiteur der EZB-Entscheidung führt die Liste mit +4% an, gefolgt vom Nikkei (+3,8%) und dem Gold (+3%). Der Wechselkursverlust von -2,6% des Euros gegenüber dem US-Dollar führt zu einem Großteil des Goldpreisanstiegs. Ich schließe daraus, dass insbesondere Europäer diese Woche Euros in Gold getauscht haben, was dem gelben Metall zu dem überproportionalen Plus verholfen hat.

Während der DAX von Allzeithoch zu Allzeithoch springt, liegt der Dow Jones auch nach der gestrigen Rallye noch 1,5% darunter. Die Rallye im DAX hat der Dow Jones nicht mitgemacht, im Gegenteil, vor wenigen Tagen noch lag der Dow Jones 4,3% unter dem Allzeithoch. Wenn wir also hier in Deutschland schon eine Überhitzung befürchten, so zeigt der Blick über den Teich, dass man dort gerade mal aus einer Konsolidierungsphase kommt. Von Überhitzung ist dort noch nichts zu sehen.

Es könnte also sein, dass die US-Börse den DAX in den kommenden Tagen noch ein wenig weiter in die Höhe zieht.

Eine direkte Folge der gestrigen EZB-Entscheidung war der Ausverkauf von deutschen Staatsanleihen. Die Rendite sprang um 6 Basispunkte (0,06 Prozentpunkte) von 0,39% auf 0,44%. Es ist der Beweis dafür, dass zuvor viele europäische Investoren auf der Suche nach Sicherheit nur Deutschland zum Ziel haben konnten. Da nun die EZB jedoch mit monatlich 60 Mrd. Euro für Sicherheit in ganz Europa sorgt, gibt es wieder Alternativen zu Deutschland, und entsprechend wird nicht mehr so viel nach Deutschland geleitet. Das Zinsniveau in Deutschland steigt.

Und wir wollen die Erholung am Ölmarkt nicht vergessen. Zunächst endete der Ausverkauf, und der Ölpreis stabilisierte sich. Nun werden Meldungen als Grund für einen Ölpreisanstieg über die Titelseiten gejagt: Zum Beispiel der Tod des Königs Abdullah von Saudi Arabien, der für die westlich orientierte Ölpolitik seines Landes als Garant stand. Sein Nachfolger beeilt sich zu versichern, diese Linie beizubehalten. Doch jeder Wechsel birgt Unsicherheit, und Unsicherheit setzt sich stets in Form steigender Preise, diesmal beim Öl, nieder.

Turbulente Zeiten. Die hohe Schlagzahl, mit der seit Jahresbeginn Dogmen gebrochen werden, hält an.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

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