ARNOLD & PARTNER - Finanz- und Versicherungsmakler

Wochenrückblick 29. April - 3. Mai 2014

Quartalsreigen und ein beschwichtigender Notenbankchef ...von Stephan Heibel
Hier ist sie wieder, die Woche, in der so viele Quartalszahlen auf uns Investoren hereinrasseln, dass wir gar nicht in der Lage sind, sämtliche Informationen schnell genug korrekt einzuordnen. Ich werde im Folgenden versuchen, ein paar Erkenntnisse aus dem Zahlenreigen zu extrahieren.

FOMCDoch nicht nur Quartalszahlen prasselten diese Woche auf uns ein, sondern auch eine US-Notenbanksitzung mit einem anschließenden Statement des Vorsitzenden Jay Powell. Er ließ sich zu der Aussage hinreißen, dass die nächste Zinsentscheidung in jedem Fall eine Zinssenkung sein werde.

Wir erinnern uns, zum Jahreswechsel gingen viele Anleger von bis zu sechs Zinssenkungen im laufenden Jahr aus: Die Inflationsrate war stark zurückgegangen und viele Analysten führten dies auf eine drohende Rezession zurück, die durch die Notenbank mit niedrigen Zinsen vermieden werden sollte.

Doch der Rückgang der Inflationsrate endete abrupt im Juli vergangenen Jahres auf einem Niveau über 3% und liegt aktuell 3,5%. Gleichzeitig zeigt die US-Konjunktur keine Schwäche. 2023 betrug das Wachstum 2,5%, für 2024 werden 2,7% erwartet. Die Angst vor einer möglichen Rezession ist inzwischen der Enttäuschung über die ausbleibenden Zinssenkungen gewichen. Zuletzt wurde sogar diskutiert, ob die US-Konjunktur so stark sei, dass vielleicht sogar eine weitere Zinserhöhung erforderlich sein könnte.

Dieser Befürchtung hat Powell nun also ein Ende gesetzt: Über den Zeitpunkt einer Zinsveränderung hat er nicht mit sich reden lassen, aber die Richtung sei dann in jedem Fall gen Süden. Immerhin.

Ab sofort geht es also darum, den Zeitpunkt der ersten Zinssenkungen zu bestimmen. Entsprechend werden ab sofort Konjunkturdaten, die gut ausfallen, am Aktienmarkt negativ aufgenommen, und umgekehrt

Soeben wurden US-Arbeitsmarktdaten veröffentlicht: Die Arbeitslosenquote ist überraschend von 3,8% auf 3,9% angestiegen. Die Arbeitslöhne sind nur um 3,9% gegenüber dem Vorjahr gestiegen, erwartet wurden 4%. Sind dies also erste Anzeichen einer Konjunkturschwäche, die durch sinkende Zinsen beantwortet werden muss? Nun, die Aktienindizes drehten nach Veröffentlichung dieser Daten umgehend gen Norden.

aufwaertaWochengewinner im DAX ist Siemens Energy (+8%). Einigen Analysten ist aufgefallen, dass die vor vier Wochen an die Börse gegangene GE Vernova deutlich höher bewertet ist als Siemens Energie. Die Rivalität zwischen General Electric und Siemens ist inzwischen über einhundert Jahre alt. Beide Unternehmen haben nun ihre Energiesparte ausgegründet. Doch GE Vernove notiert nun auf einem Umsatzmultipel (EV/Sales) von 1,25, Siemens Energy von nur 0,45. Das EV/EBITDA von GE Verona liegt bei 20, das von Siemens Energy bei nur 7. Dabei ist die augenscheinlich höhere Profitabilität der GE-Tochter auf die in den beiden Vorjahren verbuchten Verluste zurückzuführen: das Unternehmen wurde für die Börse fit gemacht. Über die Zeit dürften sich die Bewertungsniveaus der beiden Konkurrenten angleichen.

Die mit Abstand beste Branche war in dieser Woche der , angeführt von Vonovia (+8%) und TAG Immobilien (+8,5%), Aroundtown (+10%) sowie unserem Heibel-Ticker Portfoliotitel Sto (+12%). Der Immobiliensektor hat seinen Abwärtstrend beendet und stabilisiert sich nun auf niedrigem Niveau. Erste Anzeichen dafür, dass die zweite Jahreshälfte tatsächlich anzieht, wie von einigen Immobilienkonzernen in der Jahresprognose in Aussicht gestellt, sind zu erkennen.

abwaertsAuf der anderen Seite haben die Autoaktien diese Woche Federn lassen müssen: Porsche -7%, VW -4%, Mercedes und BMW je -3%. Der Absatz der E-Autos stagniert, wie wir schon von Tesla wissen. Auch in Deutschland ist der Absatz stark rückläufig, seit die Regierung die Förderung der E-Autos gestrichen hat. Von der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Verbrennern sind die E-Autos hierzulande also doch noch weit entfernt.

Heute kappt Autovermieter Sixt die Jahresprognose, weil die Zinswende (siehe oben) auf sich warten lasse und die Konjunktur sich abschwäche. Die Restwerte der Fahrzeugflotte sei aus diesem Grund abgewertet worden, die Gewinnprognose (EBIT) für 2024 wird von 400-525 Mio. EUR auf 350-450 Mio. EUR gesenkt. die Aktie bricht aktuell um 13% ein.

Die Deutsche Bank ist nach Sixt Verlierer der Woche mit -10%. Das Unternehmen hat nun doch nochmals eine Rückstellung in Höhe von 1,3 Mrd. EUR für die entsprechenden Rechtsstreitigkeiten gebildet. Die Übernahme der Postbank kurz nach der großen Finanzkrise im Jahr 2010 erfolgte nach Ansicht einiger Postbank-Aktionäre zu einem Preis, der Altaktionäre der Postbank benachteiligte.

USSchauen wir mal über den Teich auf die USA. Dort haben in den vergangenen Tagen die glorreichen 7 ihre Quartalszahlen vorgelegt. Im Heibel-Ticker vor einer Woche kommentierte ich bereits die Q-Zahlen von Microsoft, Tesla, Meta und Alphabet. Diese Woche kamen Apple und Amazon hinzu. Nvidia berichtet erst in drei Wochen (22.5.).

Gestern Abend überraschte Apple einmal mehr alle Skeptiker mit guten Absatzzahlen. Seit Wochen wird nur noch darüber berichtet, dass Apple in China Absatzprobleme habe. Immerhin wurden iPhones für Regierungsangestellte in China verboten und entsprechend führten Kritiker aus, dass Chinesen nun lieber Smartphones von Huawei und Samsung kauften. Doch die Kritiker irrten: Der Absatz der iPhones in China sei gegenüber dem Vorjahresquartal angestiegen, so CEO Tim Cook in der anschließenden Telco. Das Geschäft in China stabilisiere sich. Und obwohl iPhones für chinesische Regierungsmitglieder verboten wurden, riskieren viele Chinesen Ärger mit ihrem Arbeitgeber, um das begehrte Produkt nutzen zu können.

Der Umsatz mit Dienstleistungen wächst weiter überproportional. Die Vision Pro werde für B2B-Anwendungen angepasst. Damit wurde meine Einschätzung bestätigt: Die Vision Pro ist auf absehbare Zeit kein Produkt für Privatkunden, sondern wird in der Geschäftswelt eingesetzt. Geschäftskunden sind gegenüber dem hohen Preis schmerzfreier. Außerdem spielt die Vision Pro gerade bei professionellen Anwendungen ihre Überlegenheit gegenüber den günstigeren VR-Brillen aus.

Wenn also der Start für die Vision Pro einigen Analysten zu langsam erfolgt, dann nur deswegen, weil sie sich keine Gedanken über den sinnvollen Einsatz der Vision Pro gemacht haben. Im B2B-Geschäft wird es nun so laufen, dass irgendwann Unternehmen sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für die Geräte gefunden haben und sodann in großen Stückzahlen bestellen werden.

Deutlich schneller wird die Einführung von KI bei den iPhones laufen. Schon im Juni wird Apple umfangreiche Entwickler-Werkzeuge vorstellen, damit iPhones künftig mit KI-Apps bestückt werden können. Es versteht sich von selbst, dass die heute im Umlauf befindlichen iPhones noch nicht für KI-Anwendungen optimiert sind. Entsprechend dürfte die KI einen Erneuerungszyklus starten, wie er alle 3-4 Jahre bei Apple für überproportional hohe Umsätze sorgt.

Wer also auf einen guten Zeitpunkt gewartet hat, um Apple ins Depot aufzunehmen: Jetzt ist es soweit :-).

Außerdem verkündete das Unternehmen einen neuen Aktienrückkauf mit einem Volumen von bis zu 110 Mrd. USD. Nur drei DAX-Unternehmen sind mehr wert als das Aktienrückkaufprogramm von Apple (Siemens, SAP und Airbus).

Die Aktie von Apple springt heute um 7% an.

Übrigens eine Korrektur zum Thema KI: Ich sprach vor einer Woche davon , dass die KI zunächst trainiert werden müsse, was man Interferenz nenne. Doch das war falsch, das Trainieren der KI nennt man Trainieren :-) und anschließend beantwortet die KI Fragen der Anwender, indem das Gelernte angewendet wird. Das nennt man dann Inferenz.

Rechenintensiv ist das Training, die Beantwortung von Fragen, für das die Inferenz verwendet wird, ist dann deutlich weniger aufwendig.

Amazon berichtete bereits am Dienstag, die Aktie sprang trotz guter Zahlen nur moderat an (+2%). Das Umsatzwachstum im Bereich der Werbung sprang um 24% an und zeigte, dass Amazon hier ein neues Geschäftsfeld zu einer dritten Säule im Konzern entwickelt. Die zweite Säule ist die Amazon Cloud AWS, die mit einem Wachstum von 17% ebenfalls stärker zulegte als von Analysten erwartet. Aufgrund von großflächigen Kosteneinsparungen stieg die Gewinnmarge gegenüber dem Vorjahresquartal von 3,2% auf 8,5%, der Gewinn je Aktie verdreifachte sich auf 1,14 USD.

Schauen wir nun zunächst auf die Wochenentwicklung der wichtigsten Indizes:
 

Wochenperformance der wichtigsten Indizes



 
INDIZES 3.4., 20:58 Uhr Woche Δ Σ '24 Δ
DAX 18.002  -0,9% 7,5%
S&P 500 5.133  0,5% 7,9%
Nikkei 38.236  0,8% 14,3%
Shanghai A  3.604  0,6% 15,6%
Euro/US-Dollar 1,08 0,7% -2,6%
Euro/Yen 164,67 -2,3% 5,7%
10-Jahres-US-Anleihe 4,50% -0,17 0,64
Umlaufrendite Dt 2,58% -0,06 0,55
Feinunze Gold $2.300  -1,5% 11,4%
Fass Brent Öl $82,94  -7,2% 7,4%
Kupfer $9.766  -1,0% 13,6%
Baltic Dry Shipping $1.774  1,8% -20,1%
Bitcoin $61.822  -2,7% 46,8%



BTCDer Bitcoin ist diese Woche um 7% eingebrochen. Erstmals seit März notiert die digitale Währung wieder unter 60.000 USD. Als Ursache wird angeführt, dass die Bitcoin-ETCs in den USA Abflüsse verzeichnen.

Zeitgleich wurde in Europa eine strengere Regulierung für Bitcoin-Transaktionen verabschiedet. Unternehmen, die ihren Kunden den Handel oder Erwerb digitaler Währungen anbieten, müssen ihre Kunden "kennen", also eine vollständige Legitimation mit Lichtbildausweis durchführen.

Das ist sicherlich sinnvoll. Diskutiert wird, für wen diese Regelung gelten soll. In der digitalen Welt ist eine wesentlich bessere Nachverfolgung von Transaktionen möglich als im Vergleich dazu beim Bargeld. Diese Möglichkeit möchte die EU gerne nutzen. Bitcoiner sind natürlich dagegen. Wir dürfen gespannt sein, wo sich die beiden treffen.

Doch diese Diskussion wird in der Öffentlichkeit immer wieder so verkauft, als wolle man kriminelle Transaktionen bekämpfen. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob in Bitcoin oder mit Bargeld mehr Rechtsbrüche begangen werden, insbesondere weil jede Bitcoin-Transaktion ja ewig nachvollziehbar und nur pseudonym, nicht jedoch anonym ist.

Genau um diese Stelle geht es: Pseudonym heißt, jegliche Transaktionen können einer Person zugeordnet werden, die Person selbst ist lediglich unbekannt. Doch über die obige EU-Regulierung sollen ab nennenswert großen Transaktionen natürlich die Identitäten eingeholt werden.

Die Diskussion mit Menschen, die sich noch nicht intensiv mit dem Bitcoin beschäftigt haben, dreht sich immer wieder darum, ob sich der Bitcoin denn durchsetzen werde und warum Menschen ihn brauchen würden. In meinen Augen ist diese Diskussion müßig: Der Bitcoin ist das einzige dezentrale und digitale Gut, das jegliche Ansprüche, sei es zur Kriminalitätsbekämpfung, sei es zur sinnvollen Befreiung rarer Güter, lösen kann.

Die wirklich wichtige Frage ist, ob wir diese Aufgabe der Politik überlassen wollen, gewählten und teilweise (bei der EZB) ernannten Vertretern, die im besten Wissen für uns entscheiden? Oder aber ob wir uns auf Regeln einigen können, die solche Entscheidungen berechenbar machen.

Und diese Frage wird auf lange Sicht nicht in Deutschland entschieden, sondern in der Welt, die derzeit stärker von Autokraten dominiert wird, als uns recht ist.

So betrachtet ist also der Rückschlag im Bitcoin aufgrund von nachlassendem Interesse an den Bitcoin-ETFs in meinen Augen eine Gelegenheit für Anleger, sich ein wenig des digitalen Gutes auf die Seite zu legen.

Disclaimer: Der Wochenrückblick wurde von Stephan Heibel verfasst, Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, den Sie unter www.heibel-ticker.de kostenfrei und unverbindlich beziehen können.

Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt) Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten. Die Inhalte des Heibel-Tickers spiegeln unsere Meinung wider. Sie stellen keine Beratung, schon gar keine Anlageempfehlungen dar. Die Börse ist ein komplexes Gebilde mit eigenen Regeln. Anlageentscheidungen sollten nur von Anlegern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen vorgenommen werden. Anleger, die kein tiefgreifendes Know-how über die Börse besitzen, sollten unbedingt vor einer Anlageentscheidung die eigene Hausbank oder einen Vermögensverwalter konsultieren. Die Verwendung der Inhalte dieses Wochenrückblicks erfolgt auf eigene Gefahr. Die Geldanlage an der Börse beinhaltet das Risiko enormer Verluste bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.

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