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Hinterbliebenenrente: Die Probleme einer kurzen Ehedauer

Wer erst kurz verheiratet ist, muss damit rechnen, dass er keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente bekommt, wenn der Ehepartner kurz innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung stirbt. Doch es gibt auch Ausnahmen, wie ein Gerichtsurteil bestätigt.

(verpd) Wenn ein Paar jahrelang unverheiratet zusammenlebt und erst dann heiratet, wenn bei einem Partner eine unheilbare Krankheit festgestellt wurde, müssen bei der Beantragung einer Hinterbliebenenrente gute Gründe vorgebracht werden, warum erst zu diesem Zeitpunkt geheiratet wurde. Gelingt dies nicht, gilt die Ein-Jahres-Frist. Dies hat der 21. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in einem Urteil entschieden (L 27 R 135/16).

Eine Frau hatte mit ihrem Partner bereits 19 Jahre unverheiratet zusammengelebt, als bei ihm ein metastasierter Bauchspeicheldrüsen-Krebs festgestellt wurde und er sich einer Chemotherapie unterziehen musste. Einen Monat, nachdem sie die Diagnose bekommen hatten, erkundigte sich die Frau beim zuständigen Standesamt danach, welche Unterlagen für eine Heirat notwendig sind. Diese mussten erst von einem Freund im ehemaligen Jugoslawien besorgt werden.

Die Ehe wurde vier Monate nach der Krebsdiagnose geschlossen. Gut zwei Monate später starb der Mann und die Witwe stellte rund vier Monate später einen Antrag auf Witwenrente. Auf Nachfragen der Rentenversicherung erklärte sie, dass bei der Eheschließung davon ausgegangen wurde, dass der Versicherte innerhalb eines Jahres sterben würde. Die Heirat habe eine symbolische Bedeutung für die Erfüllung der insgesamt 22-jährigen Partnerschaft gehabt und sei vor allem ihrem Mann wichtig gewesen.

Vermutung der Versorgungsehe

Der Rentenversicherungs-Träger lehnte den Antrag jedoch ab, weil die Ehe als Versorgungsehe zu werten sei. In Paragraf 46 Absatz 2a SGB VI (Sechstes Sozialgesetzbuch) heißt es nämlich: „Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenen-Versorgung zu begründen.“

Dagegen wehrte sich die Ehefrau und reichte eine Klage vor dem Sozialgericht ein. Sie erklärte, dass beide zwar schon lange geplant hatten, zu heiraten, aber immer etwas Wichtigeres dazwischengekommen sei. Auch nach der Krebsdiagnose sei anderes vorrangig gewesen. Außerdem hätten beide gehofft, dass die Chemotherapie das Leben des Versicherten um einige Jahre verlängern könnte.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin konnte die Hinterbliebene die Vermutung nicht ausräumen, die Ehe habe allein der Versorgung des hinterbliebenen Ehegatten gedient. Das lange unverheiratete Zusammenleben deute darauf hin, dass beide diese Form des Zusammenlebens als angemessen betrachtet hätten.

Besondere Umstände müssen plausibel sein

Die Ehe sei erst zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als keiner der beiden Ehegatten mehr befürchten musste, dass damit möglicherweise verbundene Nachteile eintreten würden. Für diesen Fall sei der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen worden – deshalb wies das Gericht die Klage ab. Dagegen legte die Witwe Berufung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ein. Dieses wies darauf hin, dass der Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente ausgeschlossen ist, wenn die Ehe gemäß Paragraf 46 Absatz 2a SGB VI nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.

Eine Ausnahme könne lediglich dann gemacht werden, wenn „besondere Umstände“ vorlägen. Vor allem dürfe die Annahme nicht gerechtfertigt sein, dass es der Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenen-Versorgung zu begründen. Diese konnte die Klägerin aus Sicht des Gerichts nicht überzeugend vorbringen. Zwar werde niemand dazu gezwungen, seine inneren Gründe und persönlichsten Details offenzulegen, aber nur bei glaubhaften Angaben könne der Verdacht auf eine Versorgungsehe entkräftet werden.

Im vorliegenden Fall sei es offenkundig gewesen, dass der Versicherte so schwer krank gewesen sei, dass der Tod nicht unvorhersehbar gewesen und unvermittelt eingetreten sei. Die Zweifel des Gerichts wurden durch das lange Zusammenleben ohne Trauschein verstärkt. Deshalb wies es die Berufung zurück. Revision wurde nicht zugelassen.

Weitere Ausnahmen

Es gibt jedoch auch Ausnahmen: Andere Gerichtsurteile zeigen, dass im Einzelfall eine Hinterbliebenenrente gezahlt wird, auch wenn die Ehe weniger als ein Jahr dauerte, sofern der Tod plötzlich und unerwartet eingetreten sei. Dies ist beispielsweise bei einem Unfalltod, einem erlittenen Verbrechen, oder auch bei Tod durch eine Krankheit, deren Bestehen nicht bekannt oder deren tödlichen Folgen bei der Eheschließung nicht vorhersehbar waren, der Fall.

Wenn Paare – verheiratet oder nicht – sichergehen wollen, dass der hinterbliebene Partner nach dem Ableben des anderen in jedem Fall finanziell abgesichert ist, können sie entsprechend privat vorsorgen. Bei einer Risikolebens-Versicherung auf Gegenseitigkeit können beispielsweise beide Partner als versicherte Personen eingetragen werden. Stirbt ein Partner, erhält der andere die vereinbarte Leistung.

Wer möchte, dass eine Kapital- oder Risikolebens-Versicherung im Todesfall nur an den Lebenspartner oder Ehepartner ausgezahlt wird, kann den Partner in der Lebensversicherungs-Police als Bezugsberechtigten einsetzen lassen.



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